Birgit Väth – Haushaltsrede 2012

Haushaltsrede GR Wertheim, im Dezember 2012-12-17

Birgit Väth – Bündnis 90/Die Grünen

Haushalt 2013

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

liebe Kolleginnen und Kollegen,

liebe Wertheimer,

man hat den Vorsitzenden der Fraktionen und Gruppierungen fünf Minuten Redezeit gegeben, drei für Lob und Preisung der Verwaltung und den Rest für den Haushaltsplan 2013.

Ich werde mir Mühe geben beides in meiner Redezeit unterzubringen.

Eigentlich gibt es zum Haushalt 2013 selbst nicht viel zu sagen, zumindest nicht viel zu kritisieren. Er ist ausgeglichen und kommt ohne Nettoneuverschuldung aus. Er besteht aus Zahlen, die alles in allem ausgewogen sind (die ich hier nicht nur aus Redezeitgründen nicht wiederholen möchte).

Neben dem anstehenden Bau der neuen Feuerwache fällt in diesem Haushaltsentwurf auf, dass Themen wie Familie, Bildung und Kultur zunehmend Berücksichtigung finden. Auch im Haushalt der Stadt Wertheim ist der von Herrn Vogeltanz in einem anderen Zusammenhang zitierte „Wind of Change“ zu spüren.

Die Grün-Rote Landesregierung hat durch den Pakt mit den Kommunen deutlich gemacht, dass der Ausbau der Kinderbetreuungs-Infrastruktur hohe Priorität haben muss und die Kommunen bei den riesigen Anstrengungen nicht alleine gelassen werden dürfen. Gerade angesichts knapper Haushaltskassen kann es nicht sein, dass solche Bemühungen durch faule Kompromisse zur Wahrung des Koalitionsfriedens auf Bundesebene konterkariert werden: Die schwarz-gelbe Bundesregierung setzt mit der beschlossenen Einführung des umstrittenen Betreuungsgeldes die völlig falschen Anreize. Statt Mittel in den dringend benötigten Ausbau der Kitas zu stecken, schmeisst die Koalition Milliarden zum Fenster hinaus.

Abgesehen davon, dass die grün-rote Landesregierung die Kommunen mit mehr Mitteln für den Ausbau der Kleinkindbetreuung, die Schulsozialarbeit, Sprachförderung und Schülerbeförderung ausgestattet hat, hat der Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung und die Einführung der Gemeinschaftsschule bei gleichzeitig rückläufigen Schülerzahlen auch unsere Stadt vor eine grosse Herausforderung gestellt. Hier hat die Schulentwicklungskommission parteiübergreifend und ergebnisorientiert mit gutem Erfolg zusammengearbeitet und ein zukunftsorientiertes Konzept entwickelt. Auch wenn wir das Betreuungsangebot für unter Dreijährige dieses Jahr noch weiter ausgebaut haben, dürfen wir uns nicht zurücklehnen und müssen das Angebot kontinuierlich erweitern, um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie gewährleisten zu können. Es ist bekannt, dass es dieser Faktor ist, der eine Entscheidung für ein Kind wesentlich beeinflusst.

Leider haben sich die Mittel nicht bei der Schülerbeförderung niedergeschlagen. Eine Verbesserung des nicht gerade kunden- und schülerfreundlichen öPNV, der obendrein in den Ferien und an den Wochenenden fast zusammenbricht, wurde aus gutem Grund beim Jugendforum gefordert und könnte von der Kommune, wenn sie denn wollte, endlich einmal in Angriff genommen werden. Hier würden wir uns von der Verwaltung mehr Initiative wünschen. Auch ein guter öPNV ist ein Standortfaktor.

Der Vorlage und den Ausführungen des Oberbürgermeisters gäbe es nichts hinzuzufügen, wären da nicht die Haushaltsberatungen bei denen jedes Jahr aufs neue Diskussionen über Sinn und Zweck der sozialen und kulturellen Angebote der Stadt geführt werden. Fragen wie „Wozu brauchen wir eine Bücherei?“, oder der Forderung, dass sich eine personelle Erweiterung der Bücherei unbedingt durch Anstieg der Benutzungsgebühren niederschlagen müsse, hinterlassen ein Gefühl von Unverständnis und Verwunderung. Es ist schade, dass manche Kollegen glauben, der Erfolg einer Bücherei würde sich auf der Einnahmenseite des Haushaltsplanes zeigen. Beruhigend ist, dass sich die meisten Kolleginnen und Kollegen von solchen Ansinnen nicht beeindrucken lassen und sich darauf besinnen, was die Aufgabe einer Kommune ist: Die öffentliche Daseinsvorsorge für ihre Bürgerinnen und Bürger, die selbstverständlich und ganz essentiell auch kulturelle Angebote einschliesst.

Auffallend ist auch, dass der Familienpass zur Entlastung der Kindergartengebühren nicht vollständig angenommen wird. Hier sind wir nach wie vor davon überzeugt, dass die Erhöhung der Einkommensgrenze für den Familienpass nicht das richtige Instrument für die Entlastung von Geringverdienerfamilien ist. Nach wie vor wünschen wir uns eine sinnvollere Anpassung in Form einer Erhöhung des Erstattungssatzes.

Keine Erwähnung findet in unserem Haushalt eine evtl. Beteiligung am geplanten Ausbau der Windenergie. Es ist bekannt, dass Baden-Württemberg mit einem Windanteil von 0,8 Prozent an der Stromenergieproduktion bisher Schlusslicht unter den Flächenländern in Deutschland ist. Aber bekannt ist auch, dass die grün-rote Landesregierung diese rote Laterne bei der Nutzung der Windenergie loswerden will. Ein kleiner Windpark unter Federführung der Stadt mit Bürgerbeteiligung wäre sowohl eine ökologisch als auch ökonomisch sinnvolle Investition und würde – im Sinne kommunaler Wertschöpfung – auch der Stadtkasse zu Gute kommen und damit unseren Handlungsspielraum erweitern. Nach erfolgter änderung des Flächennutzungsplans sollte die Verwaltung diesbezüglich tätig werden. Denn die Energiewende ist gerade auch ein Zukunftsprojekt für die Kommunen.

Einen gewichtigen Kritikpunkt, der sich auf einen Ausschnitt des Verfahrens bezieht, das uns zum vorliegenden Haushaltsentwurf geführt hat, muss ich zum Schluss noch anbringen: Ein Umstand, der mich beinahe dazu verleitet hat, diesem Haushaltsentwurf nicht zuzustimmen, ist, dass der im FiKUSS gefasste Empfehlungsbeschluss für den Haushalt 2013, gleich drei Tischvorlagen quasi in form eines „All Inclusive Pakets“ beinhaltete. Einer der drei Vorlagen hätten wir so nicht zugestimmt – aber die Devise war „Ganz oder Gar nicht“. Dieses Prozedere hielt und halte ich für unangemessen.

Einmal davon abgesehen, dass man sich nicht die Zeit nehmen wollte, differenziert abzustimmen, beschränkt sich in besagter Tischvorlage das Kommunale Wohnbauförderprogramm darauf, junge Familien zwecks Wohneigentumsbildung mit einem Zuschuss von 3000 € pro Kind ausschliesslich bei dem Erwerb eines Neubauplatzes zu unterstützen. Bei einem täglichen Flächenverbrauch von 6,6 ha in Baden-Württemberg wird hier ein völlig einseitiger und ökologisch kontraproduktiver Anreiz geschaffen. Wenn eine solche Förderung auch für den Erwerb und den Ausbau von Hofreiten zur Verfügung gestellt werden würde, könnten wir uns vorstellen, dass für die eine oder andere Familie dann auch ein solches Projekt interessanter wäre. Angesichts sinkender Bevölkerungszahlen ist es weder vermittel- noch hinnehmbar, dass immer mehr Wiesen für Wohngebiete in Anspruch genommen werden. Und abgesehen davon, dass Wertheim alleine wegen seiner Hochwasser der Flächenversiegelung entgegenwirken müsste, ist die Stärkung der Ortskerne nicht nur ökologisch geboten und wirtschaftlich sinnvoll, sie verbessert auch die Lebensqualität der Bürgerinnen und Bürger in den Ortschaften.

Da der Haushaltsentwurf aber, wie bereits erwähnt, insgesamt stimmig ist und richtige Prioritäten setzt, werden wir dem Haushaltsplan, einschliesslich Finanzplan und Investitionsprogramm, wie vorgelegt zustimmen.

Zum Schluss bedanken wir uns noch für die gute und sachliche Zusammenarbeit mit der Verwaltung und innerhalb des Gemeinderatsgremiums.